JACQUES KINTZELÉ: Auf der Wasserscheide*) Rorbert Jacques schrieb die Geschichte der Sehnsucht und die psychische Qual der Entwurzelten; Batty Weber den Roman eines Erlosten; Jacques Kintzelé gibt seinem Buche den Untertitel: Ein Roman von der luxemburger Erde. Drei Kennzeichen, drei Stufen. Zwei Inteltektuelle, die starksten Dichter unsers Volkes, schaffen Menschen von Fleisch u. Bein, hineingestellt in Schicksal und Verhängnis, Sühne, Fluch und Untergang, Saae, Landschaft. Zwei Dichter künden das Wesen derer, die an der Kreuzung zweier Nationen liegen, sprechen es aus durch Blick, Gebärde, Symbol. Jacques Kintzelé will die Seele unsrer Berge aufzeigen. will erzählen von Baum, Blatt, Hof und Scholle. Begrenzung ader Nicht⸗Können, Beschreibung oder Roman? - Die Antwort ist nicht allzu schwer, wenn man die Analyse des Werkes gemacht hat. Kintzels, der Bauer, aus bäurisbem Milieu hervorgegangen, als Bauer lebend, wollte beides geben: wollte Mens en darstellen und Deuter unsrer Lands haft sein; und shrieb einen Roman, der ein Gemisch von beiden geworden ist, ohne organischen Zusammenhang, Lyrik und Epik mit einander mengend, aber nicht einanoer durhdringend. Kinzelé hat seine Kräfte äberschätzt; aus einem stillen. seinen Lyriker, der er tatsächlich ist, reckte er sich gewaltsam auf zu einem Epiker. Das Experiment mißlang. Die Fabel? - Sie ist teils Schcuerrortam tik, teils längst abcestandne Schablone. Ich gehore am allerwemigsten zu denen, die den Dichter zwingen wollen, immer neue, immer span“) Verlegt bei Panl Faher, Grevenmacher. nendere, nie dagewesene Ereignisse zu erfinden; ich verlange das nicht, aber ich fordere: Der Dichter muß seinen Stoff neu gestalten, muß imstande sein, ihm Geist von seinem Geiste einzuhauchen, auf daß jenes wundersame Leben erblühe, das uns mitleiden und mitbehen macht. Bei Kintzele versprt man nie ein Schütteln, nie ein Gepackt⸗Werden: Weil ihm die Shöpferkraft fehlt, die Puppen, Marionetten zu Korpern macht Ihm geht jene Kraft der Verdichtung ab, iene ulle und Bodenst ndi⸗keit die wir bei verschiedenen deuts ben Heimatkünstlern sehen, bei Frenssen, Söhle, Helene Voiat⸗Dide: richs Sohnren - um nur einiae zu nennen und die uns so unteriochen, daß wir den Schollenlehm an unsera Sohlen kleben fühlen. In der Technik geht Kmntels alte Wege, die dazu noch nicht immner einwandfrei sind. Ich fühle bei der Lektüre zu sehr: Hinter der Szene steht ein Regisseur, der hat alle Fäden in der Hend. Das G⸗s⸗hehen erwächst nikts aus Handeln und Charakter; ich mag es alauben, ih bann es auch sein lassen. Schwarz auf Weis ist das gezeichnet, ganz nach der alten ScheerenKunst Es ist kein epischer Fluß in dem Erzählten Kintzeié so’lte einmal kietne Skizen und Novelletten schreiben. Er soslte bei den roßen Erzählern vorerstn die Schule aehen, um zu lernen, wie man in zwei, dref Seiten ein unoebeures Gescbeben hallt: Kleist konnte es und Hebel und der wunderbare Wilhelm Schäfer. Kintzelä’s Gestalten kranken ferner alle an senem Uebel, das für uns Luremburoer jedesmal zur Klivpe wird. an der wir stranden: Rede und Gegenrede hackt nicht ein, unbedingt absolut. Die Sprache, die die Personen sprechen, ist Zeitunasdeutsch, so wie man es auf den Srluen lehrt aber kein bodenständiges, rwüchsioes. Es gitt nr einen, der bei uns das kann: Battn Weber, am besten in seinem Roman Hände. Doch wenn der Epiker Kintzelé versagte, den Lyriker bewundere ich Es gibt in seinem Buche ganze Strecken, die Gedichte sind, reinste Hymnen in Prosa Da vibriert sein Wort, wird klingend (wo es sonst stumpf und farblos war) prägt prachtvolle Vergleiche, nie erahnte Metaphern. Letztes Geheimnis wird einem hier offenbar, man ahnt Zusammenhänge, an die nur ein Dichter rühren kann, man ist beglückt über köstliche Funde. Und man frägt, von Seite zu Seite mehr staunend, mehr sich hingebend: Wie ist es möglich, daf Kinnele sich in der Form so verareifen konnte? - Daß er uns einen schlechten Roman von 189 Seiten schenken zu müssen glaubte, anstatt eines schmalen Bändchens Gedichte von 40-502 Und wenn man dann den Schlußabsatz ... Auf daß der Glaube an Dich, mütterliche Erde, nicht wankend werde in denen, die Dich lieben..“ oelesen, so kann man nicht anders als dem Verfasser zuzurufenr Zur Lyrik, Jacques Kintzelé, zur Lyrik! Albert h10PrlM.